Wir filmen zurück! Kreuzberg ist immer mal wieder ein beliebtes Thema in den Medien. Wer kennt sie nicht, die spektakulären Bilder von Gewalt und Kriminalität und dazu inszenierte Interviews mit Jugendlichen, die sich um Kopf und Kragen reden, nur um einmal im Fernsehen zu sein. Die scheinbare Machtlosigkeit gegenüber den Medien muss aber nicht hingenommen werden. Wir, die wir hier leben, sehen so manches, was über Kreuzberg geschrieben und gezeigt wird anders. Das Dokumentarfilmprojekt X-berg hat innerhalb eines Jahres einen 90-minütigen Film produziert, in dem junge Kreuzberger im Alter von 17 bis 29 Jahren und unterschiedlicher Herkunft ihre Themen zum Leben im "Brennpunkt Kreuzberg" unter professioneller Anleitung filmisch umgesetzt haben. Unter dem Motto "Wir filmen zurück" entstand ein Dokumentarfilm in fünf Episoden mit den Titeln "Tanz zwischen den Kulturen", "Das Schweigen der Anderen", "Eines Menschens Zeit", "Party Squad" und "Zukunft erlaubt". Der Dokumentarfilm zeigt ein Kreuzberg, das wir fühlen und wiedererkennen können. Es sind authentische Geschichten und keine künstlich als Medienereignis aufbereitete "Dokumentationen". Filmkunst von unten mit professioneller Ausführung.
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Die Idee entstand im Gespräch mit Jugendlichen, die vom "Abgefilmt-Werden" und dem "Ausverkauf von schlimmen Jugendlichen in Kreuzberg" an die Medien genug hatten und nach einer Alternative suchten, dem gängigen Bild von Kreuzberg und Jugend etwas entgegen zu stellen. Nives und Marc Konik machen seit 2003 Dokumentarfilme über den Ort und die Menschen in Kreuzberg, zum Beispiel "Berliner Mai Festspiele", "BetonundKöpfe" und "P05:Jugend in Kreuzberg". Das Motto "Wir filmen zurück" wurde zum Leitfaden des Projekts und es wurden Ideen gesammelt, die sich filmisch umsetzen lassen und die die Jugendlichen selbst einbrachten. Während des einjährigen Projekts haben sich die jungen Teilnehmer aus Kreuzberg in mehrere Bereiche der Filmproduktion eingearbeitet. Die Arbeit mit der Kamera, dem Ton, dem Schnitt und der Regie war für alle etwas Neues und ihre Wahrnehmung bei der Herstellung eines eigenen Beitrags veränderte im Laufe der Zeit ihre Sicht auf täglich auf sie einflutende Berichte aus den Medien. Medien waren kein abstraktes Phänomen mehr, denn die Jugendlichen wurden selbst journalistisch tätig, recherchierten für ihre Episoden, überlegten sich eine Dramaturgie für ihre Idee, lernten mit der Kamera und dem Ton umzugehen und letztlich im Schnitt in mühevoller Feinarbeit einen fertigen Film herzustellen. Außerdem wurden Ausflüge zum Fernsehen als Teil des Projekts organisiert. Unterschiedliche Studios von RBB und ARD wurden besichtigt, eine politische Live-Sendung besucht und Gespräche mit professionellen Mitarbeitern der Medienbranche initiiert. Das Selbstbewusstsein im Umgang mit Medien und deren Vertretern ist im Verlauf des Projekts bei allen Jugendlichen enorm gestiegen, allerdings auch der Respekt für die teilweise sehr mühevolle Arbeit während des Drehs und Schnitts. Tatsächlich hat inzwischen auch der eine oder andere eine berufliche Perspektive und Ziel für sich im Medienbereich entdeckt, in dem sich schon immer Quereinsteiger aus allen Bereichen tummeln. Der Dokumentarfilm jedoch steht für sich und ist in seiner hochwertigen Ausführung ein Dokument dafür, dass "die Jugendlichen", die offenbar nur an Straßenecken rumhängen und sozusagen "nichts auf die Reihe kriegen" unter Anleitung und mit viel Engagement neue Bereiche für sich entdecken können. Die Jugendlichen können nun mit Stolz ihren Dokumentarfilm einer großen Öffentlichkeit präsentieren.
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